Der Kaufhaus-Claus

Ich habe nie viel von den Festen, wie Weihnachten und Ostern gehalten. Diese Feste sind nur Kaufhausorgien, um sich gegenseitig, auf Krampf, etwas schenken zu müssen. Ich machte meiner Familie auch nichts vor. Sie bekamen nur dann etwas von mir, wenn sie es auch wirklich brauchten. Ich habe meinen Kindern immer wieder eingebläut, daß es so etwas wie den Weihnachtsmann, nicht gibt. Ich wollte nicht, daß sie an so einen amerikanischen Konsumgott glauben.

Als wir letztes Jahr zur Weihnachtszeit durch die Einkaufszone schlenderten, waren die Kinder auf einmal verschwunden. Ich suchte mit meiner Frau die ganze Passage noch einmal ab. Wir fanden sie dann vor dem großen Kaufhaus, bei einem dieser ´Weihnachtsmänner´. Tanja saß gerade bei ihm auf dem Schoß und unterhielt sich mit ihm über ihre Wünsche. Ich wurde etwas wütend darüber, daß meine Erziehungsmaßnahmen so wenig beherzigt wurden. Ich wollte meine Tochter zu mir rufen, aber meine Frau hielt mich zurück.

Als dann Tanja den Kauhaus-Angestellten verließ, setzte sich Werner zu ihm. Da konnte ich nicht mehr an mich halten. Ich ging auf Werner zu, nahm ihn vom Schoß des Mannes und schrie ihn, sehr überregt, an. Der Weihnachtsmann schaute etwas verstört und schüttelte den Kopf ebenso, wie einige der anderen Passanten, die um ihn geschaart waren.

Als wir am Heiligabend gemütlich vor dem Fernseher saßen, klopfte es an der Wohnungstür. Ich wunderte mich etwas darüber, weshalb der Besucher nicht die Türklingel benutzte. Dann stand meine Frau auf, um zu öffnen.

Ins Wohnzimmer trat der Weihnachtsmann, auf dem Rücken einen schweren Sack tragend. Ich nahm die Füße vom Tisch, stellte mein Bier ab und schaute ihn an. Er lachte tief und rief die Kinder zu sich. Er hatte für sie alle etwas in seinem Sack. Meine Kinder freuten sich riesig, und ich begann, mich zu fragen, ob ich wirklich das Recht hätte, den Kindern ihre Illusionen und Träume zu zerstören. Hatte ich als Kind nicht auch Spaß an Weihnachten?

Als die Kinder, mit ihren neuen Spielsachen, in ihren Zimmern verschwunden waren, faßte der Weihnachtsmann noch einmal in seinen Sack. Er holte eine Rute hervor und legte sie mir neben mein Bier. Er setzte sich zu mir und nahm seinen Bart ab. Jetzt erkannte ich unseren Nachbarn. Er war also der Weihnachtsmann im Kaufhaus. Er hatte seinen ganzen Verdienst in diese Geschenke gesteckt, nur um meinen Kindern eine Freude zu machen. Jetzt schämte ich mich doch.

Dieses Jahr wird es Weihnachten geben, mit allem was dazu gehört. Wir werden einen Baum kaufen und ihn gemeinsam schmücken; Wunschzettel an den Weihnachtsmann schreiben lassen und bunte Bescherung machen. Unser Nachbar wollte wieder als Weihnachtsmann verkleidet zu uns kommen, aber ich sagte ihm, er solle es lassen.

Dieses Jahr will ich es selbst als Weihnachtsmann probieren.Und dann werde ich meine Nachbarn besuchen.

E N D E

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

*

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.